06.10.2017 Erfolgreicher Abschluss des dritten Kolloquiums in Coyhaique
Mit großem Erfolg fand vom 4. bis zum 6. Oktober diesen Jahres im südchilenischen Coyhaique ein drittes internationales Kolloquium zur patagonischen Literatur statt, das unter dem Titel Transkulturalität an der Grenze. Hybridität, Transnationalität und Intermedialität in der patagonischen Literatur stand.
Eröffnet wurde die Tagung vom Rektor der Universidad Austral de Chile, Herrn Prof. Dr. Oscar Galindo, der vom Hauptsitz der Universität in Valdivia angereist war. Neben ihm und anderen Vertretern des örtlichen Campus waren die Direktorin des Netzwerks, Frau Prof. Dr. Claudia Hammerschmidt, und weitere Professorinnen und Professoren, Nachwuchswissen-schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, sowie Studierende chilenischer, argentinischer und deutscher Universitäten anwesend. Darüber hinaus nahmen bekannte Musiker, Vertreter örtlicher Verlage, Dichter und Kulturschaffende aus der Region Aysén und aus dem argentinischen Teil Patagoniens teil. Die Musik, insbesondere der mündliche Vortrag in Reimen, ist wesentlicher Bestandteil des kulturellen Erbes Patagoniens – und spielte aus diesem Grund schon bei der Eröffnung des Kolloquiums eine wichtige Rolle.
Die Tagung fand im Rahmen des vom DAAD geförderten, international und interdisziplinär ausgerichteten Thematischen Netzwerks Transnationaler Wandel am Beispiel Patagoniens. Soziale Ungleichheit, interkultureller Austausch und ästhetische Ausdrucksformen statt, das unter der Schirmherrschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena steht. Unter den Vortragenden waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Doktoranden, Master-studierende und Forscherinnen und Forscher ohne akademische Anbindung. Entlang unterschiedlicher thematischer Achsen widmeten sie sich schwerpunktmäßig folgender Problemstellung: Indigene Schreibweisen und ihre interkulturelle Vermittlung, mit Bezug insbesondere auf die zeitgenössische Literatur der Mapuche und der Mapuche-Huilliche, in der es im Wesentlichen um die Frage der kulturellen Identität nach der kolonialen Unsichtbarmachung geht, wo diese im Laufe der Geschichte ursprüngliche Kulturen durch die neue, hegemoniale Kultur ersetzt hat. An die Stelle des von der Geschichte Ausgelöschten tritt mittels unterschiedlicher Strategien der Sichtbarmachung die Literatur – und um diese Strategien ging es in den auf dem Kolloquium präsentierten Vorträgen.
Darüber hinaus wurden die Territorien und die in diesen aufgehobenen Erinnerungen thematisiert – heißt: die Spuren und die Multiterritorialität, in denen Bedeutungen und Prozesse der Resignifizierung sich manifestieren. In dieser Hinsicht ging es um die Repräsentationen Patagoniens in- und außerhalb der Region, um Prozesse der Einschreibung, um In- und Exil und um historische Narrative. Weitere Vorträge widmeten sich der Transmedialität als textueller Konstruktion, postalischen Literaturen, der Hybridität in und zwischen den Medien und der Frage, wie in der zeitgenössischen patagonischen Literatur unterschiedliche Trägermedien miteinander kombiniert oder voneinander abgelöst werden.
Schon mit dem Titel lenkte das Kolloquium den Blick auf die Themen Transkulturalität und Grenze. Dabei spielen Prozesse der Benennung, des Übertretens, des Ineinandergeifens, des grenzgängerischen Schreibens und Nicht-Orte eine zentrale Rolle. Wo es um Themen wie Immigration und soziale Ungleichheit ging, lag es auf der Hand, die Grenzen auch zu anderen Disziplinen wie der Wirtschaftswissenschaft und der Sozialwissenschaft zu überschreiten, obschon hiervon eben auch in der Literatur die Rede ist, insbesondere in der Dichtung, die zwar von einem ganz bestimmten Ort aus spricht, aber mit der Weltliteratur im Dialog (in einem ‘nütram’) steht. Und schließlich war auch die Sprache selbst Thema, wo diese im Übergang oder selbst ein Grenzphänomen ist, weil sie den Subjekten an der Grenze oder am Rand hilft, eigene Erfahrungen, Sichtweisen und Erzählungen zum Ausdruck zu bringen.
Daneben lasen Dichter aus beiden Teilen Patagoniens aus ihren Werken, unter ihnen der renommierte Dichter Christian Formoso, der Gedichte aus dem Band Der schönste Friedhof Chiles vortrug, und, am Ende der Veranstaltung, Juan Pablos Riveros, der einen Text mit dem Titel Die Galaxie des Südens: ist ein Ofen, der immer noch glüht präsentierte. Zudem gab es eine Ausstellung von Büchern, patagonische Musik und audiovisuelles Material von Kulturschaffenden aus der Region. Ein Vertreter der Direktion der Bibliotheken, Archive und Museen (DIBAM) bot darüber hinaus einen Überblick über die Literatur der Region Aysén. Vor allem aber wurde die Arbeit des Thematischen Netzwerks in Arbeitssitzungen fortgeführt und konsolidiert.
Sowohl der sehr ergiebige wissenschaftliche Austausch als auch die aus ihm sich ergebenden Fragen und Diskussionsbeiträge sollen in einer wissenschaftlichen Publikation dokumentiert werden, die, wie die anderen Bänder zur patagonischen Literatur (Patagonia literaria) in der Reihe Fines del mundo: Estudios culturales del cono sur erscheinen soll, und mit der die erfolgreiche Arbeit der Tagung ihren Abschluss finden soll.
Weitere Informationen:
http://noticias.uach.cl/principal.php?pag=noticia-externo&cod=109002
Das Vortragsprogramm finden Sie hier.